Farbmanagement für perfekten Fine-art Print

by Sascha König

Ein funktionierendes und durchgängiges Farbmanagement ist für den perfekten Fine-Art Print unerlässlich. Die Standardeinstellungen der gängigen Programme, wie Photoshop, sind hier ein guter Anfang, jedoch stößt man hier schnell an Grenzen, die einem nicht immer auf den ersten Blick bewusst sind. Gerade wenn man für Künstler und Designer Fine-Art Prints herstellt, sind die gängigen Standards eher schädlich. Um gutes Farbmanagement für den perfekten Fine-Art Print zu betreiben und die bestmögliche Qualität zu erreichen, ist aber etwas mehr erforderlich.

Das richtige Farbmanagement macht den Unterschied zwischen dem guten Druck, den Du überall bekommst und dem perfekten Fine-Art Print der ein Kunstwerk oder Design perfekt zur Geltung bringt.

Nach einer wahren Geschichte ?

Der Grund, warum ich über dieses Thema schreibe, ist ein aktueller Anlass. Kürzlich hat einer unserer Stammkunden hochwertige Kunstdrucke bei uns bestellt, die Daten dafür kamen von seiner Agentur. Es ist bei uns Standard, dass wir uns die Druckdaten vor der Produktionsfreigabe immer noch einmal genauer ansehen. Auf den ersten Blick war alles in Ordnung. Auflösung ✅, CMYK-Daten ✅, eingebettetes ICC-Profil nach aktuellem Standards der Druckvorstufe ✅, soweit war erst einmal alles in Ordnung. Jetzt könnten wir uns doch alle freuen, oder? ?

Du vermutest es wahrscheinlich schon, aber die Sache hat einen Haken ?. Als ich mir das Motiv so angesehen habe, war ich nicht recht zufrieden mit der Vorschau am Bildschirm. Also habe ich den Kunden angerufen und mir einmal das Originalbild dazu kommen lassen, das ging in dem Fall auch, man kennt sich ja schon eine Weile ?.

Farbumfang Coated FOGRA 39 mit einigen Warnungen
Gelb hervorgehoben = außerhalb des Farbraums

In diesem Fall ist es so gewesen, dass mein Kunde sein Photoshop in den Farbeinstellungen auf den Standard für die europäische Druckvorstufe gesetzt hat. Nach dem aktuellen Standard für CMYK-Daten wäre das bei Photoshop Coated FOGRA 39. Wie Du am vorherigen Bild sehen kannst, sind bei der Simulation dieses Farbraums so einige Bereiche gelb hervorgehoben. Mit anderen Worten, diese Farbwerte sind nicht darstellbar.

Zum Vergleich zeige ich Euch einmal, wie die Simulation des Farbraums unserer Druckmaschine auf unserem ganz normalen Fotopapier aussieht.

Farbumfang unseres Ausgabeprofils für Fotopapier ergibt einen perfekten Fine-art Print
Die gleiche Simulation für das Ausgabeprofil für unsere Druckmaschine

Man sieht hier schon, dass es eigentlich keine gelben Bereiche gibt. Ein paar wenige gibt es natürlich, aber die müsste man schon suchen ?. Ganz konkret bedeutet das, dass die Kombination von Papier und Druckmaschine für dieses Auftrag die Farben uneingeschränkt wiedergeben können.

Was ist das Problem hier?

Das Problem liegt hier in »guten Absicht« sich an die gängigen Standards zu halten. Durch die Konvertierung der Farben vom Display P3 Farbraum in Coated Fogra 39 wurden Farben entfernt, die von unserem Drucksystem problemlos hätten dargestellt werden können.

Der Fall den ich hier beschreibe und nur einer von vielen. Der Knackpunkt liegt hier in den Standards, die sich in der Druckindustrie für das Farbmanagement etabliert haben. Versteh mich jetzt nicht falsch, Standarisierung ist hier in vielen Fällen gut und richtig. Sie führt aber auch oft dazu, dass die Ergebnisse nicht so gut sind, wie sie sein könnten. Wenn man es wie wir des Öfteren mit Künstlern, Fotografen und Designern zu tun hat reichen die Grenzen der Standards oft nicht aus. Es gibt hier auch ehrlich gesagt keinen Grund sich mit dem Standard zufrieden zugeben.

Der Standard ist eben doch nur Durchschnitt

Das Grundproblem beim Farbmanagement für den perfekten Fine-Art Print ist eigentlich die Art und Weise, wie üblicherweise mit Farbe umgegangen wird. Die meisten Druckereien möchten gerne die gelieferten Daten in CMYK und mit einem eingebetteten Farbprofil wie z. B. Coated FOGRA 39 oder PSO Coated v3. Für die üblichen Business Anwendungen ist diese Konstellation vollkommen in Ordnung. Bei Business Anwendungen geht es um Markenwiedererkennung und konsistente Farben über verschiedene Anwendungen, wie Visitenkarten, Flyer, Plakate etc. hinweg. Natürlich müssen die Farben von Logos Vorgaben entsprechen.

Standards der Druckvorstufe

Das oben genannte Farbprofil wird z. B. für den Bilderdruck auf gestrichenen Papieren verwendet. Wenn eine Druckerei jetzt die Daten in diesem Farbraum bekommt, hat man zunächst einmal einen sinnvollen und einheitlichen Ausgangspunkt. Coated Fogra 39 und PSO Coated v3 sind übrigens standardisierte »Arbeitsfarbräume«, die den Farbumfang widerspiegeln sollen, der auf den meisten Drucksystemen auf gestrichenem Papier zu erwarten ist, ein Durchschnitt eben ?. Genau genommen haben wir hier sowas wie einen mehrfachen Durchschnitt:

  • Ein durchschnittliches Papier: die von Papier zu Papier unterschiedlichen Eigenschaften, wie Weißpunkt, Farbaufnahme, optische Aufheller etc. brauchen uns ja im Durchschnitt nicht zu interessieren ?
  • eine durchschnittliche Tinte: Viskosität, Trockenzeit etc. brauchen wir im Durchschnitt zum Glück nicht zu beachten ?
  • die durchschnittliche Druckmaschine: ist ja im Durchschnitt eigentlich zu vernachlässigen ? Juckt ja eigentlich auch keinen, dass Inkjet und Offset zwei vollkommen unterschiedliche Technologien sind ?

Was hier unterm Strich rauskommt, ist meinem Empfinden nach sowas wie unterer Durchschnitt. In der Praxis ist das nicht alles so kritisch und überspitzt zu sehen, wie ich es hier gerade darstelle. Dennoch habe ich schon oft erlebt, dass sich Papiere und Tinten trotz ähnlicher Eigenschaften manchmal völlig unterschiedlich verhalten.

Ich erinnere aber mal kurz an unsere Ausgangslage und werfe die Schlagworte Fine-Art Print, Kunstreproduktion und Fotografie in die Waagschale. Mittlerweile sollte klar sein, dass für den detailverliebten Fotografen, Künstler oder Designer im Standard nicht allzu viel zu holen ist ?

Lasst uns doch einfach mal ein paar Farben umwandeln

Meiner Ansicht nach ist es eine Tragödie, was die Standards der Druckvorstufe dem Fine-Art Print hier antun. Ich will Dir an unserem Beispielbild einmal zeigen welche Reise die Farben des ursprünglichen Bildes bis zur Druckmaschine zurücklegen.

Unser Beispielbild wurde von einem Digital Artist auf seinem iPad Pro gezeichnet und koloriert. Anschließend hat der Künstler das Bild in Photoshop noch etwas feinjustiert, noch etwas an den Farben und dem Kontrast gearbeitet und die finale Version des Bildes erstellt.

Im nächsten Schritt wurde das Bild in CMYK umgewandelt und in das Profil PSO Coated v3 konvertiert.

Bei der Druckerei wird dann noch einmal von PSO Coated v3 in das spezifische Ausgabeprofil der Druckmaschine konvertiert.

Da die digitale Vorlage auf einem iPad Pro erstellt wurde, haben, was den Umfang des Farbraumes angeht, von vorneherein einen relativ großen Farbraum. Apples iPad Pro deckt den Display-P3 Farbraum und ist damit sehr gut in der Farbwiedergabe. Um die Sache jetzt nicht zu kompliziert zu machen, gehe ich jetzt einmal davon aus, dass unserem Künstler für die Bearbeitung in Photoshop ein Monitor zur Verfügung steht, der ebenfalls Display-P3 darstellen kann. Bis hierhin ist also alles perfekt ?.

Das schwächste Glied in der Kette

Der Knackpunkt liegt hier in der Konvertierung von Display-P3 in PSO Coated v3. Wenn unser Designer jetzt bei uns einen Kunstdruck bestellt, würde er an dieser Stelle durch seinen eigenen Workflow einen nicht unerheblichen Teil an Farbqualität einbüßen. Um den Kern des Problems einmal zu verdeutlichen, zeige ich Dir einmal eine Darstellung des Farbumfangs, der beteiligten Systeme.

Vergleich der in diesem Beispiel genutzten Farbräume

Wie Du siehst, hat das iPad mit Display-P3 den größten Farbraum. Außerdem sieht man sehr deutlich, dass der Farbraum des Fotopapiers für unserer Druckmaschine deutlich größer ist als der PSO Coated v3. Leider ist es in diesem Workflow so, dass durch die Zwischenkonvertierung in PSO Coated v3 Farbinformationen unwiederbringlich verloren gehen.

Der Verlust im Farbumfang durch die Konvertierung

Zum Vergleich hier einmal in Rot markiert, mit den Farbbereichen, die durch eine Konvertierung von Display P3 in PSO Coated v3 und die Konvertierung von Display P3 in unser Fotopapier verloren gehen.

Farbraumverlust durch Konvertierung

Man sieht hier sehr deutlich, dass man bei der Konvertierung in PSO Coated v3 wesentlich mehr Farbumfang einbüßt als beim Fotopapier. Und hier liegt genau der Knackpunkt. Wenn Du Dich an den üblichen Anweisungen der meisten Druckereien orientierst, würdest Du in diesem Fall die Daten im PSO Coated v3 Farbraum an die Druckerei liefern. Die Farbinformationen, die im ursprünglichen Bild waren, jedoch auf dem Fotopapier ohne Probleme darstellbar sind unterwegs einfach verloren gegangen ??.

Mein Video zu dem Thema

Der bessere Weg

Gerade wenn es um Kunstreproduktion, Fotografie und Fine-Art Print sollte es darum gehen, die bestmöglichen Ergebnisse zu erreichen. Ich sehe es aber so, dass der Standard wirklich der kleinste gemeinsame Nenner ist.

Unseren eigenen Kunden rate ich immer dazu so lange wie es irgendwie geht im RGB-Farbraum zu bleiben. Unsere Kunden aus dem Fotografie, Design oder Kunstbereich liefern die Daten größtenteils in einem beliebigen RGB-Arbeitsfarbraum. D. h. die eingebetteten Profile sind oft ECI-RGB, ProPhoto-RGB oder zur Not auch Adobe-RGB. Solange es kein sRGB-Farbraum ist, bin ich glücklich ? Natürlich möchten auch meine Kunden gerne sehen, wie ihre Fotos aussehen. Wir stellen unseren Kunden unsere Ausgabeprofile der Drucksysteme zu Verfügung. So kann man in Photoshop, Affinity Photo oder Gimp einen Softproof machen, um einen Eindruck der tatsächlichen Farbwiedergabe zu bekommen. Natürlich ist all das etwas umständlicher als einfach einen Standard CMYK-Farbraum vom Kunden zu verlangen. Die Ergebnisse sind allerdings um einiges besser.

Ich bin wirklich schon sehr lange in dieser Branche unterwegs. Eines wird sich niemals ändern: Ich erfreue mich jedes Mal aufs neue daran, wenn ein perfekter Druck aus einer unserer Druckmaschinen kommt ?

Schlussgedanken

Dieser Artikel ist zugunsten der Einsteigerfreundlichkeit und Lesbarkeit bewusst nicht bis ins Kleinste technische ausformuliert. Farbmanagement, mit allem, was dazugehört ist ein sehr sehr tiefer Kaninchenbau ?⌚. Letzten Endes kommt es bei einem Farbmanagement-Workflow immer auf das schwächste Glied (dem kleinsten Farbraum) in der Kette an. Da jedoch am Ende der Kette immer ein konkretes Ausgabesystem steht, lohnt es sich sein Möglichstes dafür zu tun, dass eventuelle Einschränkungen des Farbraum erst hier passieren und nicht schon in der Vorstufe.

Was denkst Du?

Was sind Deine Erfahrungen mit Farbmanagement für den perfekten Fine-Art Print? Arbeitest Du mit den gängigen Standards der Druckvorstufe oder hast Du höhere Ansprüche?

Wenn Du Fragen hast oder Deine Meinung und Gedanken mit uns teilen möchtest, schreib gerne in die Kommentare. Ich hoffe auf jeden Fall, dass ich Dir ein paar Tipps geben konnte, wie Du bessere Kunstdrucke bekommst ?

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